Absencen-Epilepsie bei Kindern

Rennie @, Wednesday, 15.03.2006, 10:52 (vor 6623 Tagen)

Bei meinem Sohn (fast 7 Jahre) wurde letzte Woche im Zuge eines EEGs Absencen-Epilepsie festgestellt, die mit Convulex Sirup (Natriumvalproat) behandelt werden soll. Wie zuverlässig ist die Diagnose? Als ich der Ärztin erzählte, dass die Schulpsychologin Absencen vermutete, fand sie gleich die typischen 3/s Spike-wave Aktivitäten (generalisiert bis 2 sec Dauer und wiederholt Auftreten von Tetagruppen (?)).
Mein Sohn fällt eher dadurch auf, dass er sehr rasch ärgerlich wird (allerdings nur in der Schule - zu Hause und in anderen Gruppen eher selten), im kognitiven Bereich überdurchschnittlich hoch begabt ist (wurde mit 5J getestet) und von uns bisher als "sehr konzentriert" eingeschätzt wurde. Er ist ein guter Zeichner und Konstrukteur und wenn er tief in seine "Arbeit" versunken ist, kaut er oft Gegenständen/Finger, lutscht am T-Shirt oder wischt sich über den Mund. Wir haben das bisher als "versunkenes Nachdenken" gesehen.
Allerdings schaut er sehr oft (wienerisch) ins Narrenkastl. Da gibt es schon sehr oft Momente, wo ich genau weiss, dass er mich, wenn ich ihn angesprochen habe nicht wahrgenommen hat - dann hilft oft eine kurze Berührung und er ist wieder da ("Mama, was hast du gesagt?").

* Ich suche nun Eltern, deren Kinder ebenfalls Absencen haben.
* Wann muss man wirklich medikamentös behandeln? (Ich trau mich nicht so recht diese Medikamente anzuwenden...)
* Macht es Sinn das EEG bei einem anderen Arzt zu wiederholen, und abzuwarten, ob er ebenfalls die typischen Wellen sieht (ohne darauf hinzuweisen!)?
* Gibt es Alternativen?
* Wo ist die Grenze zwischen "in Gedanken versunken" und Absencen?

Vielen Dank für alle Antworten und entschuldigung, dass der Beitrag so lang geworden ist (die vielen Unklarheiten..)!

Eine besorgte Mami

Re: Absencen-Epilepsie bei Kindern

Kirstin @, Wednesday, 15.03.2006, 11:17 (vor 6623 Tagen) @ Rennie

Hallo !!!!

Meinen Beitrag habe ich gestern reingesetzt (Rolando-Epilepsie).
Mein Sohn Dilan ist vier Jahre, man hat vor drei Wochen Absencen/Rolando-Epilepsie festgestellt.
Er hat halt geträumt, geschlafen mit offenen Augen. Seit zwei Wochen nimmt er Ospolot. Er hatte dieses "Träumen" nicht mehr seitdem, aber er ist durch das Medikament sehr aktiv geworden, aber dafür sind die Anfälle weg u. das sehe ich als positiv an, denn es fehlen ihm ja immer "Bruchstücke" vom Tag !!!!

Ich versuche mich seitdem mit der Krankheit auseinanderzusetzen u. durch dieses Forum lernt man viel dazu.....

Gruß Kirstin

Re: Absencen-Epilepsie bei Kindern

Uschi @, Thursday, 16.03.2006, 17:15 (vor 6622 Tagen) @ Rennie

Hallo,
unser Sohn (9) hatte auch Absencen. Es begann vor fast zwei Jahren und äußerte sich darin, dass er mehrmals am Tag für wenige Sekunden einen starren, abwesenden Blick bekam und nicht ansprechbar war. Die Tätigkeit, bei der er dann gerade war, wurde unterbrochen und er wußte anschließend nicht mehr, was er gerade getan hatte. Er konnte aber jedesmal sagen ."Mama, ich hatte gerade einen ´Anfall´!" Er bekam Ospolot und Frisium, was ihn aber total in seinem Wesen veränderte. Er wurde agressiv und widersetze sich allem, was man von ihm verlangte. Er zog sich total in sich zurück, brach den Kontakt zu Freunden ab und verhielt sich absolut unsozial. Die Absencen waren dann mal für ein paar Wochen verschwunden, kamen dann aber auch wieder und letztes Jahr im Juni hatte er dann einen Grand Mal. Der Oktober war ganz schlimm - fast jede Nacht 1-3 GM! Wir bekamen dann noch Valproinsäure dazu und Trileptal. Ospolot wurde langsam ausgeschlichen und seit November ist er komplett anfallsfrei - auch keine Absencen mehr. Seither geht es ihm richtig gut und er hat sich auch wieder in den freundlichen, kontaktfreudigen Jungen zurückverwandelt, der er vorher war. Ich will dir jetzt keine Angst machen, dass eine Absencen-Epilepsie automatisch im Grand Mal enden muß, sondern wollte nur mal erzählen wie das bei uns so war. Liebe Grüße - Uschi

Re: Absencen-Epilepsie bei Kindern

Katja @, Friday, 17.03.2006, 19:35 (vor 6621 Tagen) @ Rennie

[zitat=Rennie]Bei meinem Sohn (fast 7 Jahre) wurde letzte Woche im Zuge eines EEGs Absencen-Epilepsie festgestellt, die mit Convulex Sirup (Natriumvalproat) behandelt werden soll. Wie zuverlässig ist die Diagnose? Als ich der Ärztin erzählte, dass die Schulpsychologin Absencen vermutete, fand sie gleich die typischen 3/s Spike-wave Aktivitäten (generalisiert bis 2 sec Dauer und wiederholt Auftreten von Tetagruppen (?)).
Mein Sohn fällt eher dadurch auf, dass er sehr rasch ärgerlich wird (allerdings nur in der Schule - zu Hause und in anderen Gruppen eher selten), im kognitiven Bereich überdurchschnittlich hoch begabt ist (wurde mit 5J getestet) und von uns bisher als "sehr konzentriert" eingeschätzt wurde. Er ist ein guter Zeichner und Konstrukteur und wenn er tief in seine "Arbeit" versunken ist, kaut er oft Gegenständen/Finger, lutscht am T-Shirt oder wischt sich über den Mund. Wir haben das bisher als "versunkenes Nachdenken" gesehen.
Allerdings schaut er sehr oft (wienerisch) ins Narrenkastl. Da gibt es schon sehr oft Momente, wo ich genau weiss, dass er mich, wenn ich ihn angesprochen habe nicht wahrgenommen hat - dann hilft oft eine kurze Berührung und er ist wieder da ("Mama, was hast du gesagt?").

* Ich suche nun Eltern, deren Kinder ebenfalls Absencen haben.
* Wann muss man wirklich medikamentös behandeln? (Ich trau mich nicht so recht diese Medikamente anzuwenden...)
* Macht es Sinn das EEG bei einem anderen Arzt zu wiederholen, und abzuwarten, ob er ebenfalls die typischen Wellen sieht (ohne darauf hinzuweisen!)?
* Gibt es Alternativen?
* Wo ist die Grenze zwischen "in Gedanken versunken" und Absencen?

Vielen Dank für alle Antworten und entschuldigung, dass der Beitrag so lang geworden ist (die vielen Unklarheiten..)!

Eine besorgte Mami
[/zitat]

Hallo Rennie,
bei meinem Sohn wurde vor zwei Jahren, mit 6 1/2 Jahren, Absencen-Epilepsie diagnostiziert. Er wäre ein paarmal fast mit dem Fahrrad vors Auto gefahren, ins Schwimmbad gefallen etc. Denn er hatte ja die Absencen nicht nur, wenn ich dabei war und er friedlich am Tisch saß, wie Du das so schilderst. Daran solltest Du immer denken, wenn Du eine medikamentöse Behandlung ablehnst! Unser Sohn hat nun zwei Jahre Orfiril (das ist Valproat) genommen und ich habe ebenfalls beobachtet, dass er unruhig, aggressiv etc. wurde. Es war also keine leichte Zeit, aber jetzt schleichen wir das Medikament aus und haben eine sehr gute Chance, dass er den Rest seines Lebens anfallsfrei bleibt. Und das ist mir dann die zwei jahre Stress auch wert gewesen! Ich würde ihm die Medis jederzeit wieder geben, auch wenn die Nebenwirkungen wirklich nicht ohne waren, aber sie geben dem Kind eine höhere Chance anfallsfrei zu bleibe. Mein Sohn hat zuvor mehrere Anfälle stündlich von zT bis zu zwei Minuten gehabt - da wären irgendwann unweigerlich auch Konzentration und Schulleistungen auf der Strecke geblieben, trotz eines getesteten IQ von 150... Letztlich muss das natürlich jeder für sich selbst entscheiden, aber man sollte mE diese Medikamente auch nicht nur auf ihre Nebenwirkungen hin beurteilen, sondern auch die erwünschten Wirkungen berücksichtigen. Eine Epilepsie ist schließlich kein Schnupfen der mit und ohne Medi nach 14 Tagen wieder weg ist.

Ein EEG ist ein EEG, das dürfte bei jedem Arzt gleich ausfallen und wenn die typischen Spikes und Waves drauf sind, dann sind das auch Absencen und keine bloße "Träumerei". Diese Schulkindabsencen kommen wohl auch recht oft vor, die erkennt ein Neurologe dann schon. Der Arzt wird im Übrigen bei jedem Kontrollbesuch wieder ein EEG machen (so alle zwei bis drei Monate), wobei zu hoffen ist, dass man dann nichts mehr sieht, weil die Medis anschlagen ;-)
Ich wünsche Euch alles Gute!
LG
Katja

Re: Absencen-Epilepsie bei Kindern

Eva @, Saturday, 18.03.2006, 17:09 (vor 6620 Tagen) @ Rennie

Liebe Rennie,
meine Tochter nimmt seit einem halben Jahr Depakine chrono retard, das ist auch Valproinsäure (wie Convulex), gegen Absencen. Die sind an und für sich im EEG gut zu sehen. Ich habe damals einen 2.Befund mit dem gleichen Ergebnis eingeholt. Meine Tochter hatte die Absencen so häufig, dass ich mich entschlossen habe, das Medikament zu geben, da es nach meinen Erkundigungen (fast zwei Wochen über Telefon und Internet) keine alternativen Behandlungsmöglichkeiten gibt.
So wie du deinen Sohn beschreibst, könnte ich fast meinen, es sei eine Beschreibung meiner Tochter...dem Alter voraus, konzentriert, kaut Haare,...
Der Unterschied zwischen "ins Narrenkastl schauen" (wir sind aus Wien, ihr auch?) und Absencen (Aussetzern), ist, dass während der Absencen das Bewusstsein wirklich völlig "wegtritt", was ja beim Narrenkastl nicht der Fall ist. Beim Narrenkastl ist der Betreffende ja einfach nur auf etwas anderes als seine Umgebung konzentriert. Bei meiner Tochter war es auch so, dass sie während der Absencen meistens die Augen nach oben verdreht hat.
Wenn du dir nicht sicher bist, kannst du ja bei einem 2.Neurologen einen Befund einholen. Wir sind bei Fr.Dr.Martucci in der Rudolfstiftung, falls ihr aus Wien seid. Wirksame Alternativen gibt es wie gesagt nach meinem Wissen nicht. Du kannst mich gern kontaktieren, wenn du möchtest.Meine Tochter ist durch die Medikamente anfallsfrei geworden. Die Chancen für Ausheilung bei Absencen, die in diesem ALter auftreten liegen bei 80%.
Wenn du das Medikament gibst, musst du anfangs monatlich, dann 3monatlich zur Blutkontrolle. Bei uns läuft es insgesamt gut. Ich bemerke bei meiner Tochter jetzt Stimmungsschwankungen, das wird aber scheinbar wieder besser mit der Dauer der Einnahme.
Ich wünsche euch alles Gute!
Liebe Grüße, Eva

Re: Absencen-Epilepsie bei Kindern

Cornelia Voltz @, Wednesday, 22.03.2006, 10:14 (vor 6616 Tagen) @ Rennie

Hallo,
liebe besorgte Mami. Seit gestern bin ich auch sehr besorgt um meine Tochter, 7 Jahre alt, 1. Klase. Die Horterzieherin wies mich darauf hin, daß meine Tochter mehrmals am Tag die Augen nach oben verdreht(nur für kurze Zeit) und das ein Anzeichen für Epilepsie sein kann und ich das doch eventuell bei einem Arzt abklären sollte. Ich war sehr geschockt, denn ich hatte diese Beobachtungen bereits sebst gemacht. Für mich waren das aber auch nur Tagträumereien und ich hatte keine Ahnung, daß dies mit einer Epilepsie in Verbindung gebracht werden könnte.Ich bin jetzt sehr verunsichert, weil meine Mutti vom 18. Lebensjahr an starke Anfälle hatte und erst mit Mitte 70 hat sie sich medikamentös richtig einstellen lassen und lebte die letzten zwei Jahre anfallsfrei. Ich habe in den Beiträgen gelesen, daß die Absenzen auch in richtige Anfälle wechseln können. Wie schnell kriegt man denn einen Termin bei einem Neurologen. Gibt es für Kinder Spezielle? Ich weis, du hast ja wahrscheinlich auch noch keine Erfahrungen, aber es ist gut, daß es solche Seiten gibt und man nicht denken muss, warum hat mein Kind soetwas. Die Absencen scheinen bei Kindern ja sehr häufig vorzukommen. Ich würde mich gern weiter mit Dir austauschen, wie es sich bei Deinem Sohn weiterentwickelt.
Liebe Grüße Conny.

Re: Absencen-Epilepsie bei Kindern

maryse @, Thursday, 23.03.2006, 09:09 (vor 6615 Tagen) @ Rennie

Hallo Rennie,

meine 12 jährige Tochter leidet auch an Absencen Epilepsie. Sie war anfangs auch auf Convulex Sirup eingestellt, wurde jetzt aber nach einem Anfall im letzten Jahr auf Depakine umgestellt. Convulex Sirup hat nicht diese Langzeitwirkung wie Depakine. Die Ärztin meinte es wäre besser für sie diese Pillen jetzt zu nehmen, da die Wirkung länger anhält. Seitdem hat sie keinen Anfall mehr gehabt... was uns sehr freut! Auch ihre Stimmungsschwankungen haben merklich nachgelassen. Sie ist wieder fröhlicher und lebenslustiger geworden finde ich. Mit der Ärztin kann ich das leider nicht so gut besprechen, die sieht das Alles nur vom medizinischen Standpunkt! Nur ihre schulischen Leistungen sind seitdem nicht mehr so gut, ob es an dem Medikament liegt, keine Ahnung? Hat vielleicht jemand die gleiche Erfahrung gemacht?? Ich wünsche Dir alles Gute! Maryse

Absencen-Epilepsie bei Kindern

Bazinga, Monday, 09.12.2013, 17:03 (vor 3797 Tagen) @ Rennie

Hallo, seit dem Beitrag sind 7 Jahre vergangen. Darf ich fragen wie es mit deinem Sohn weitergegangen ist? Ich war auf Infosuche über Absencen bezüglich dem Verdacht bei meiner Tochter. Bei deinem Sohn hab ich direkt an Asperger Autismus gedacht. Mein Sohn ist Aspie.

LG

Absencen-Epilepsie bei Kindern

Mondenkind, Tuesday, 10.12.2013, 00:46 (vor 3797 Tagen) @ Bazinga

Hallo Bazinga,

da der Name von Rennie schwarz ist, wenn ich auf den Beitrag klicke, fürchte ich fast, dass sie nicht mehr hier im Forum ist. Aber...

...hinter ihrem / seinem Namen ist ein Briefumschlag. Klicke da mal drauf und schreibe ihr noch einmal - vielleicht hast du ja Glück und die Nachricht erreicht sie (und sie schreib dir zurück).

Lieben Gruß
Mondenkind

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"Ich habe gelernt, vom Leben nicht viel zu erwarten. Das ist das Geheimnis aller echten Heiterkeit und der Grund, warum ich immer angenehme Überraschungen statt trostloser Enttäuschungen erlebe."
(George Bernard Shaw)