5 Fach Medikation - Meinungen oder Erfahrungen?

marcoo, Wednesday, 30.08.2023, 19:35 (vor 246 Tagen)

Guten Abend zusammen,

ich habe seit der Pubertät eine wohl fokale Epilepsie. Krampfen der rechten Gesichtshälfte und des rechten arms. In der Regel nachts. Keine Grand mal.

Ich nehme seit über 10 Jahren diese Medikamente:

- Frisium 10mg - 0 - 10mg
- Zebinix 400mg - 0 - 400mg
- Pregabalin 75mg - 0 - 75mg
- Keppra 1500mg - 0 - 1500mg
- Fycompa 4mg - 0 - 4mg

Wurde mit der Zeit so eingestellt. Absetzversuche bisher scheiterten.
Diese Kombination macht mich im großen und ganzen zwar ziemlich anfallsfrei, jedoch auch verlangsamt, hin und wieder „verpeilt“ und drückt meines Erachtens auf meine Stimmung.

Was meint ihr zu dieser Kombi oder hat jemand Erfahrungen mit 5 Fach Medikationen? Ich bin Mitte 30.
Für antworten wäre ich sehr dankbar weil ich etwas verzweifelt bin.

Liebe Grüße

5 Fach Medikation - Meinungen oder Erfahrungen?

Anton, Thursday, 31.08.2023, 18:27 (vor 245 Tagen) @ marcoo

Hallo und guten Tag, Marco,

wenn am Ende eine solche Liste an Medikamenten zur Behandlung einer Erkrankung irgendwo steht, hängt das oft damit zusammen, dass der Patient bei verschiedenen Ärzten in Behandlung war. Jeder wollte dir was Gutes tun, und hat seinen Wirkstoff eingebracht. Von meinem Gefühl her ändern Ärzte ungern etwas an den Therapie-Verordnungen ihrer Kollegen, so bleibt dann das von denen verordnete Medikament weiterhin auf der Liste. So kommt es, dass so viele unterschiedliche Wirkstoffe gegen eine Erkrankung gegeben werden. Trotzdem möchte ich keinem Mediziner unterstellen, dass er nicht das Beste für dich wollte.

Um hier mal aufzuräumen, könntest Du zwei Dinge tun. Die für die Kasse günstiger Möglichkeit wäre, einen anderen Neurologen zu bitten, die aus seiner Sicht mögliche Therapie einzuleiten, ohne Rücksicht auf die Medikamente, die bisher genommen worden sind. Das würde aber trotzdem, unabhängig von der zukünftigen Medikation, bedeuten, dass die Mittel, die Du zurzeit nimmst, in Absprache mit dem neuen Neurologen ausdosiert werden. Das wäre die im Moment günstigere Variante, einen Versuch zu starten, Deine kognitiven Fähigkeiten wieder auf den Stand von vor ein paar Jahren zu bringen.

Die bessere, jedoch im Moment teurere Möglichkeit wäre die stationäre Aufnahme zu einem Monitoring in einem Epilepsie-Zentrum. Hier müsste der Neurologe dich überweisen. Langfristig hätte die Krankenkasse so die Chance, wesentlich weniger Geld für teure Medikamente investieren zu müssen.

Du bist Mitte dreißig und berichtest über ständigen Verlust der Kognition, wobei es eigentlich aufgrund des Alters und der Lebenserfahrung noch bergauf gehen müsste. Das alleine schon sollte ein Grund sein, hier Veränderungen vorzunehmen. Du bist in der glücklichen Lage, es noch selbst zu merken, dass es bergab geht. Aus dem Grunde solltest Du auch nicht mehr zu lange warten. Wie man was und wann machen kann, kannst Du gerne von uns wissen.

Liebe Grüße
Anton

PS.: Über diesen Link kommst Du zu einer Dokumentation über den Verlauf meiner Epilepsie
Beginn und Ende der Epilepsie
https://forum.epilepsie-online.de/index.php?id=91160

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Die Informationen ersetzen auf keinen Fall eine professionelle Beratung oder Behandlung durch ausgebildete und anerkannte Ärzte. Die Inhalte können und dürfen nicht verwendet werden, um eigenständig Diagnosen zu stellen oder Behandlungen anzufangen.

5 Fach Medikation - Meinungen oder Erfahrungen?

marcoo, Thursday, 31.08.2023, 20:15 (vor 245 Tagen) @ Anton

Hallo Anton,

vielen lieben Dank für eine Antwort. Diese macht mir Mut es anzugehen.

Ich war nur bei einem Neurologen, doch da wurde wohl zu viel rumprobiert und zu dafür zu wenig rausgenommen im Nachhinein und so ist das nach und nach entstanden…. Doch ich bin nicht nachtragend und muss nach vorne blicken. komischerweise fällt es mir auch schwer an der Medikation etwas zu ändern da ich diese schon so lange gewöhnt bin. Habe davor sogar etwas Angst doch so gehts nicht weiter. Müdigkeit, depressive Phasen, konzentrationsschwierigkeiten…..wird nicht besser je älter ich werde.


Ich komme in absehbarer Zeit in das hoffentlich gute? Epilepsie Zentrum Kork.
Ich hoffe das die dort fit sind und die Medikamente stationär irgendwie rausnehmen können und von neu (natürlich weniger) beginnen.
Denkst du/ihr das ist stationär möglich das man mal sieht was Sache ist?

Weil da es ja so viele Medikamente sind kann ich da nicht mehr urteilen was von was kommt……
Macht mich ziemlich fertig und hoffe Kork ist da kompetent. Machen die auch ein von dir beschriebenes Monitoring?

Liebe Grüße zurück

5 Fach Medikation - Meinungen oder Erfahrungen?

Anton, Friday, 01.09.2023, 21:31 (vor 244 Tagen) @ marcoo

Hallo Marco,

ich habe mir vor gut 20 Jahren angewöhnt, genau Buch zu führen, was meine Erkrankungen angeht. Ich fahre folgendes System:

Auf einer Liste stehen alle Krankenhausaufenthalte mit Diagnose, Therapie und postoperativem Verlauf. Auf dieser Liste stehen außerdem einschneidende Therapien, egal ob ambulant oder stationär. Zum Beispiel die Vorsorgeuntersuchungen und -therapien. Ich denke an die Koloskopie oder bei Krebs an die Chemotherapie. Mit Datum, Klinikangabe, Diagnose, Therapie und postoperative Behandlung.

Diese Liste habe ich grundsätzlich dabei, wenn ich einen Mediziner das erste Mal aufsuche. Es stellt sich die Frage nach dem Vorteil dieser Aufzeichnungen. Erstens kann an der Rezeption der Praxis gleich alles eingelesen werden. Zweitens lässt sich dieser Bogen als Anlage verwenden, wenn Fragebögen ausgefüllt werden müssen. Und drittens habe ich dann Zeit, mich mit dem Arzt über die wesentlichen Dinge zu unterhalten. Der Arzt kann mich anhand dieser Daten viel besser einschätzen und muss mir nicht jede Kleinigkeit aus der Nase ziehen. Die Aufzeichnungen sollten mit der Schreibmaschine oder in Blockschrift erfolgen.

Bei Epilepsiekranken möchte jeder Neurologe wissen, ob ein Anfallskalender geführt worden ist. Nur daran kann er das Ausmaß der Erkrankung richtig einschätzen. Ferner ist von großem Vorteil, eine Anfallsbeschreibung zu liefern, möglichst von einem Dritten beobachtet. Wenn man in Partnerschaft lebt, lässt sich so etwas auch mit dem Smartphone filmen.

Das Wichtigste jedoch ist eine Aufstellung der jeweils aktuellen Medikation. Sie sollte wie folgt aussehen: in der ersten Spalte sollten Name und Wirkstoff es Medikaments stehen, ferner die Angabe von mg-pro Tablette.
In der nächsten Spalte steht die Angabe der Morgenration jeweils in mg und in der nächsten die Angabe der Abendration jeweils in mg. Möglichst mit der Angabe, zu welcher Uhrzeit die Medikamente täglich eingenommen werden. Auf dieser Liste stehen nicht nur die Medikamente, die gegen Epilepsie genommen werden, sondern auch die gegen andere Erkrankungen oder Verhütungen.

Um seine Buchführung für eine ausreichende ärztliche Behandlung in Ordnung zu haben, sollten alle anfallenden Arztberichte gesammelt werden. Ich verlasse keine Klinik, bevor ich nicht den Arztbericht erhalten habe. Gleiches gilt beim Radiologen, von dort nehme ich eine CD des Röntgen und die Einschätzung des Radiologen als Schriftstück mit. Sollte es in der Klinik oder bei Facharzt nicht klappen, Unterlagen mitzubekommen, lasse ich mir die kurze Zeit später beim Hausarzt kopieren und geben, um sie in meiner Gesundheitskartei zu haben.

Wenn Du für dich in dem Epilepsie-Zentrum etwas Positives erreichen möchtest, solltest du klar definieren können, was dich stört und einschränkt an der Erkrankung, wie Du dir die Zukunft vorstellst und welche beruflichen und privaten Vorstellungen Du hast. Außerdem solltest Du wissen, was genau Du möchtest, eine verbesserte medikamentöse Therapie oder alternative Therapien, z. B. eine Operation. Du hast von fokalen Anfällen geschrieben, da bietet sich u. a. an die Epilepsie-Chirurgie. Auch das schreibst Du am besten alles auf, dann ist es für den Neurologen ein Leichtes, auch nach Deinem Besuch weiterhin für dich da zu sein. Ich wünsche viel Erfolg.

Anton

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Die Informationen ersetzen auf keinen Fall eine professionelle Beratung oder Behandlung durch ausgebildete und anerkannte Ärzte. Die Inhalte können und dürfen nicht verwendet werden, um eigenständig Diagnosen zu stellen oder Behandlungen anzufangen.

5 Fach Medikation - Meinungen oder Erfahrungen?

Sanktus Achzehn, Wednesday, 06.09.2023, 21:19 (vor 239 Tagen) @ marcoo

Hallo marcoo,

helfen die Medikamente in der Kombination denn?

Gruß,
Sanktus Achzehn

Guten Abend zusammen,

ich habe seit der Pubertät eine wohl fokale Epilepsie. Krampfen der rechten Gesichtshälfte und des rechten arms. In der Regel nachts. Keine Grand mal.

Ich nehme seit über 10 Jahren diese Medikamente:

- Frisium 10mg - 0 - 10mg
- Zebinix 400mg - 0 - 400mg
- Pregabalin 75mg - 0 - 75mg
- Keppra 1500mg - 0 - 1500mg
- Fycompa 4mg - 0 - 4mg

Wurde mit der Zeit so eingestellt. Absetzversuche bisher scheiterten.
Diese Kombination macht mich im großen und ganzen zwar ziemlich anfallsfrei, jedoch auch verlangsamt, hin und wieder „verpeilt“ und drückt meines Erachtens auf meine Stimmung.

Was meint ihr zu dieser Kombi oder hat jemand Erfahrungen mit 5 Fach Medikationen? Ich bin Mitte 30.
Für antworten wäre ich sehr dankbar weil ich etwas verzweifelt bin.

Liebe Grüße

5 Fach Medikation - Meinungen oder Erfahrungen?

Sonnenblümchen, Friday, 15.09.2023, 16:26 (vor 230 Tagen) @ marcoo

Guten Abend zusammen,

ich habe seit der Pubertät eine wohl fokale Epilepsie. Krampfen der rechten Gesichtshälfte und des rechten arms. In der Regel nachts. Keine Grand mal.

Ich nehme seit über 10 Jahren diese Medikamente:

- Frisium 10mg - 0 - 10mg
- Zebinix 400mg - 0 - 400mg
- Pregabalin 75mg - 0 - 75mg
- Keppra 1500mg - 0 - 1500mg
- Fycompa 4mg - 0 - 4mg

Wurde mit der Zeit so eingestellt. Absetzversuche bisher scheiterten.
Diese Kombination macht mich im großen und ganzen zwar ziemlich anfallsfrei, jedoch auch verlangsamt, hin und wieder „verpeilt“ und drückt meines Erachtens auf meine Stimmung.

Was meint ihr zu dieser Kombi oder hat jemand Erfahrungen mit 5 Fach Medikationen? Ich bin Mitte 30.
Für antworten wäre ich sehr dankbar weil ich etwas verzweifelt bin.

Liebe Grüße

Hallo,

ich nehme auch ziemlich viele Medikamente, aber "nur" 3 verschiedene. Das wurde bei mir so gemacht, da es so schwer war die Grand Mal Anfälle wegzukriegen. Da ich bereits viel Zeit in verschiedenen Epilepsiezentren verbracht habe, wurde auch viel ausprobiert. In den letzten Jahren war ich aber nur noch ambulant bei meinem Neurologen in der Praxis.
Pregabalin hatte ich vor Jahren mal verschrieben bekommen. Es wird heute auch gern gegen Angststörungen verschrieben. Es wirkt finde ich subjektiv recht stark beruhigend (was Frisium als Benzodiazepin auch macht). Gegen meine Anfälle hat Pregabalin leider wenig gebracht und wurde wieder abgesetzt.
Fycompa hatte ich jahrelang und es reduziert die Grand Mals bei mir deutlich, aber ich habe das Problem, dass ich bei Dosierungen ab 6mg depressiv und leicht psychotisch werde und daher habe ich auch immer nur 4mg genommen neben anderen Medikamenten.
Das sind meine eigenen Erfahrungen mit diesen beiden Medikamenten. Meiner Erfahrung nach hat jeder andere Nebenwirkungen und Probleme mit den einzelnen Medikamenten. Da ich noch psychisch krank bin, ist die Gefahr, dass ich wegen einem Antiepileptikum Probleme kriege immer da. Besonders wenn etwas Neues ausprobiert wird. Ich vertraue da aber meinem Neurologen, dass der entsprechend reagiert und es dann rechtzeitig absetzt.

Viele Grüße