Dosiserhöhung Orfiril

Maarkus, Wednesday, 01.11.2023, 23:27 (vor 403 Tagen)

Hallo Ihr Lieben,

ich habe eine ideopathische sekundär generalisierte Epilepsie mit ausschließlich schlafgebundenen Anfällen seit meinem 12. Lebensjahr. Ich nehme ganz normal an der Arbeitswelt teil und habe die ganze Zeit Levetiracetam 1000-0-1000, Orfiril Long 500-0-500 eingenommen. Damals wurde bei der Kombi Levetiracetam und Lacosamid das Lacosamid durch Orfiril ersetzt weil es wenig Wirkung gezeigt hatte (unter Lacosamid in Kombination mit Levetiracetam Anfallshäufung ca.5-8 im Jahr). Seit dem hatte ich zum Teil 1 Anfall in 3 Jahren aber aktuell ca 2 im Jahr, so wurde das Orfiril hochgesetzt auf 1000-0-800 (mein Medikamentenspiegel im Blut ist dennoch im unteren Bereich).
Seit der Erhöhung vor paar Wochen geht es mir zunehmend psychisch schlechter, ich habe psychische Episoden, „Heul-Attacken“, hatte damals schon unter Orfiril innerhalb von 1 Jahr 15-20 kg zugenommen und habe seit der Erhöhung zunehmend wie gesagt diese psychischen „Probleme“ bzw. Reaktionen die aus dem nichts auftreten sowie vermehrt Kopfschmerzen, die ich früher nie hatte und vermehrt zittrige Hände und massivste Müdigkeit und Antriebslosigkeit.

Mein Neurologe meinte, dass 2 Anfälle im Jahr im Gegensatz zu der vorherigen 2 jährigen Anfallsfreiheit bzw. 1 Anfall im Jahr schon eine Häufung sind und ich die Möglichkeit habe, Orfiril zu erhöhen oder was anderes in Kombination mit dem Levetiracetam auszuprobieren (ob das Levetiracetam hilft bei mir, weiß ich auch nicht wirklich, aber nehme ich seit meinem 12. Lebensjahr).
Nun habe ich große Angst, denn ich möchte damit dringend zum Neurologen mit meinen Problemen, die mit der Erhöhung aufgetreten sind. Ich habe Angst, dass es wieder zu einem Wechsel der Medikation kommt, ich habe jedoch schon so viele Medis ausprobiert, aber er meinte, dass Ziel wäre ja eine Anfallsfreiheit und eine gute Verträglichkeit der Medikamente.

Gibt es noch mehr Leute hier mit der Form der Epilepsie oder die mit anderen Medikamenten viel bessere Erfahrung gemacht haben? Es ist einfach für mich auch psychisch so schwierig, so viel hochdosierte Medikamente einzunehmen mit so vielen Nebenwirkungen, wo man mit so viel Optimismus dran geht seit sehr vielen Jahren und dann heißt es wieder „Vielleicht ein anderes Medikament ausprobieren?“.

Habt ihr Erfahrungen mit anderen Medikamenten bei der Form der Epilepsie oder Ratschläge? Darüber hinaus habe ich auch eine Schilddrüsenunterfunktion.

Ich hatte auch schon mal eine höhere Dosis von Levetiracetam aber darunter keine Besserung der Anfallshäufgkeit. Die damalige Anfallsfreiheit von 2 Jahren hatte ich unter den 2 Medikamenten und dann urplötzlich wieder 1-2 Anfälle pro Jahr. Klar, geht es anderen schlechter sicherlich, aber soll ich mich einfach damit zufrieden geben, paar Mal im Jahr die Anfälle zu haben im Schlaf? Schlimm, wenn man nicht weiß, warum man sowas hat, woher das kommt und jegliche bildgebenden Verfahren unauffällig sind….


Liebe Grüße und freue mich auf Eure Erfahrungen

Dosiserhöhung Orfiril

Sanktus Achzehn, Thursday, 02.11.2023, 09:26 (vor 403 Tagen) @ Maarkus

Hallo Maarkus,

bei Epilepsie gibt es leider nicht das eine Medikament, das hilft. Man hat nur eine große Auswahl an Medikamenten, ein paar Erfahrungswerte, welche Medikament vielen (aber eben nicht unbedingt allen) Menschen bei dieser und jeder Anfallsart helfen (das gibt ggf. so ein bisschen die Reihenfolge vor), und dann kann man schlussendlich nur ausprobieren. Ein Medikament leicht eindosieren, beobachten, wenn es nicht hilft, erhöhen, beobachten, ggf. noch mal erhöhen, beobachten, und wenn das nicht wirklich eine Verbesserung brachte: wechseln. Das macht man so lange, bis man - im Idealfall - die Anfallsfreiheit erreicht hat. Im nicht idealen Fall ist man irgendwann mit allen durch und es hilft leider keins. Und ja, auf diesem Weg liegen leider sehr viele unschöne Nebenwirkungen und ggf. ein paar enttäuschte Hoffnungen herum, aber ein guter Neurologe wird immer auch die Lebensqualität insgesamt im Blick haben. Schränken die Nebenwirkungen mehr ein als die Anfälle, bringt es dem Patienten ja nicht wirklich etwas für den Alltag. Dann wird der Arzt einen Wechsel vorschlagen.

In deinem Fall stellt sich ja auch die Frage, ob du nicht lieber ein neues Medikament ausprobieren möchtest, statt täglich mit diesen Nebenwirkungen zu leben. Und dein Arzt hat schon recht: 2 Anfälle im Jahr sind definitiv eine Steigerung zum Stand vorher. Da verändert sich offensichtlich etwas, und wenn du Pech hast, bleibt es auch nicht bei den 2 Anfällen, sondern es werden mehr pro Jahr. Außerdem, und auch da hat dein Arzt durchaus Recht: Das Ziel ist ja die Anfallsfreiheit. Wenn ihr die erreichen könnt, mit einem Medikament, das du gut verträgst, das wäre doch super, oder? Ob es das Medikament gibt, das kannst du halt nur durchs Ausprobieren herausfinden. Solltest du irgendwann einmal alle Medikamente durchprobiert haben, die es für dich gibt, und es hilft tatsächlich keins, dann kannst du immer noch mit den Anfällen leben. Vorher aber solltest du schauen, ob es nicht doch etwas gibt, dass dir die Lebensqualität insgesamt verbessert. Denn die Anfälle fordern den Körper ja durchaus und können auch ihre Folgen haben. Das muss nicht sein.

Also, tief Luft holen und Entscheidung treffen: Kannst du mit den Nebenwirkungen leben? Dann beobachte, wie sich die Anfälle verhalten. Kannst du nicht mit den Nebenwirkungen leben? Dann wechsle und schaue, ob das neue Medikament besser wirkt und auch verträglicher ist.

Was übrigens eventuell auch sein könnte: Du schreibst, die Erhöhung war "vor ein paar Wochen". Je nachdem, wie viele Wochen sich konkret dahinter verbergen, bist du ggf. noch in der "Eingewöhnungsphase". Oft treten in der ersten Zeit Nebenwirkungen deutlich stärker auf, bis sich der Körper an die neue Dosis gewöhnt hat. Wenn die Erhöhung also vielleicht grad mal zwei Wochen her ist, dann könnte es auch sein, dass der psychische Anteil, den du jetzt verspürst, ggf. wieder verschwindet bzw. erträglicher wird.

Da du fragtest: Ich schreibe dir das als jemand, der selbst mittlerweile alle möglichen Medikamente durch hat. Ich kenne also dieses nervige rein und raus, neue Nebenwirkungen, ggf. veränderte Anfälle usw. sehr gut. Aber ich bin halt krank bzw. behindert, das kann ich nicht ändern. Auch, wenn ich zwischendurch gerne mal was an die Wand geworfen hätte. Das ändert aber leider nichts. Ich hab's versucht. ;-) So nervig ich das gerade nach all den Jahren inzwischen finde, und so gut ich auch den Gedanken "dann lebe ich halt mit den Anfällen" kenne: Ich würde auch das nächste Medikament ausprobieren. Denn die Anfälle sind jetzt auch nicht grad der Renner - und das nächste Medikament hilft aber ja vielleicht und hat keine oder akzeptable Nebenwirkungen. Das weiß ich aber halt erst, wenn ich es ausprobiert habe.

Gruß,
Sanktus Achzehn

Dosiserhöhung Orfiril

Maarkus, Thursday, 02.11.2023, 09:38 (vor 402 Tagen) @ Sanktus Achzehn

Hallo Sanktus Achzehn,

vielen Lieben Dank für Deine ausführliche Antwort….ja vielleicht ist ein Wechsel vorerst der besserer Weg.
Die Erhöhung war ja wirklich nicht „hoch“ also Steigerung um gerade mal 300 mg morgens vor nun ca 7 Wochen, die insgesamt Orfiril Steigerung auf auf die Dosis, die ich jetzt habe war also vor 7 Wochen und dann zum Teil nochmal 6 Monate vorher also haben wir einen Zeitraum von fast 8 Monaten…. Vielleicht doch eher ein Wechsel in dem Fall…
Ich werde mich nun akut um einen Termin kümmern.


Vielen Dank!

Dosiserhöhung Orfiril

schaf059, Tuesday, 14.11.2023, 16:57 (vor 390 Tagen) @ Maarkus

Hallo Maarkus,

ich kenne das Gefühl sehr gut, dass man sich wie ein Versuchskaninchen vorkommt beim Neurolgen...Ich leite eine SHG und oftmals sind die Wirkungen und Nebenwirkungen bei vielen Betroffenen total unterschiedlich, obwohl diese das gleiche Medikament in gleicher Dosierung nehmen. Was mir sehr gut getan hat, war ein gewisses Vertrauen zum Neurologen und. Warst Du schon einmal in einem Epilepsiezentrum ??? Diese sind manchmal schon Schritte weiter als "normale" Neurolgen…

Liebe Grüße
schaf059

Dosiserhöhung Orfiril

Maarkus, Tuesday, 14.11.2023, 17:04 (vor 390 Tagen) @ schaf059

Hallo,

Ja ich war schon in einer Epilepsie Ambulanz und leider mehr als unzufrieden…
Ich war vor 3 Wochen beim Neurologen, nun wurde Topiramat dazugenommen und wenn das drin ist wird das Levetiracetam ausgeschlichen.


Liebe Grüße

Dosiserhöhung Orfiril

schaf059, Tuesday, 14.11.2023, 17:06 (vor 390 Tagen) @ Maarkus

Hi Markus, dann wünsche ich Dir viel Erfolg....LG schaf059