falsche Diagnose

Jessica, Monday, 18.11.2024, 12:13 (vor 20 Tagen)

Hallo,
ich bin Jessica und es geht um meine Tochter Alma.
Bei meiner Tocher (8Jahre alt) wurde im Mai, anhand eines SchlafentzugsEEGs, eine Absencen Epilepsie festgestellt. Wir wurden vom Kinderarzt damals zum Neurologen geschickt, da meine Tochter große Lernschwierigkeiten in der Schule zeigte.
Im EEG zeigten sich während der Schlafphase Anfälle in Form von Absencen. Der Neurologe erklärte uns darauf, dass sie mit höher Wahrscheinlichkeit sehr viele, sehr kurze Absencen auch am Tag hätte und ihr dadurch das Lernen schwer fällt. Wir selber bemerken keine Anfälle.
Sie wurde dann auf Depakine eingestellt und das nächste EEG war sauber.
Mittlerweile mussten wir das Depankine wieder runterdosieren, da der Blutspiegel zu hoch war und die Nebenwirkungen zu stark

Heute waren wir bei einer zweiten Neurologin, um uns eine zweite Meinung einzuholen. Diese meinte nun, dass sie sich nicht sicher sei, dass meine Tochter überhaupt eine Epilepsie hat und Medikamente benötigt. Zwar zeige das EEG einige Anfälle, jedoch reiche dies nicht aus, eine Epilepsie zu diagnostisieren (da wir im Alltag ja keine Anfälle beobachten konnten und solche Anfälle an sich nicht problematisch sein.) und rechtfertigen nicht die Behandlung mit solch starken Medikamenten. Sie empfehlt uns, das Depakine auszuschleichen und ein weiteres EEG zu machen.

Ich bin sehr verunsicher. Kann es denn sein das bei Epilepsie eine falsche Diagnose gestellt wird? Lassen sich die EEGs so unterschiedlich lesen? Hat ihr jemand Erfahrung mit einer falschen Diagnose?

falsche Diagnose

Lizzy, Monday, 18.11.2024, 17:36 (vor 20 Tagen) @ Jessica

Hallo Jessica,

das mit der Diagnose und auch mit den Anfällen ist nicht soooo leicht, wie man denkt.

Bei einem Anfall spricht man von einem Gelegenheitsanfall, ab einem zweiten Anfall von einer Epilepsie.

Es gibt über 50 versch. Epilepsien. Die Anfälle selbst unterscheiden sich auch sehr. So wurde Epilepsie wegen der doch ähnlichen Symptomatik schon mit psychogenen Anfällen, Synkopen und sogar Autismus verwechselt. Und ganz früher tja, da waren wir alle geisteskrank.

Ein Mensch kann epilepsietypische Potentiale ohne Anfälle haben. Oder auch an Epilepsie erkrankt sein, ohne, dass man etwas im EEG sieht. Das passiert z.B., wenn der Herd zu tief im Gehirn liegt, das können Oberflächenelektroden gar nicht messen.

Dafür gibt es dann die Spect Untersuchung, lapidar- Video- Monitoring. Außer zum WC darf man nicht aufstehen und steht unter Dauerüberwachung, je nach Krankenhaus, dauert es mal länger, mal kürzer. Die meisten sind bei 5 Tagen. Hat deine Tochter was, habt ihr es dann "schwarz auf weiß".

Dass eine Neurologon sagt, man sieht zwar Anfälle, aber sie ist trotzdem für's absetzen, na ich weis nicht. Wenn es mal zum Grand Mal kommt ohne Medis, das finde ich einfach nur grob fahrlässig.

Sucht euch eine Neuropädiatrie in der Nähe und stellt euch vor, da sitzen die Neurologen und Epileptologen, die sich auskennen.

Alles Gute euch!

lg Lizzy

falsche Diagnose

Anton, Monday, 18.11.2024, 17:42 (vor 20 Tagen) @ Jessica

Hallo und guten Abend,

ich als medizinischer Laie finde, beide Ärzte haben richtig gehandelt. Aber zunächst einmal zu dir. Ich möchte dich herzlich im Forum begrüßen und freue mich, dass Du zu uns gekommen bist, auch wenn der Anlass wenig Grund zur Freude bietet.

„Dekapine“, Wirkstoff Valproinsäure, ist ein relativ altes Mittel gegen Anfallsleiden. Es wirkt nicht zielgerichtet, bietet sich aber an gleich nach der Erstdiagnose Epilepsie, weil dann ein Neurologe noch völlig im Ungewissen ist, wie es weitergehen kann mit der medikamentösen Therapie.

Aus Erfahrung weiß ich, dass ein stark auffälliges EEG noch keine Gewissheit für eine Epilepsie bietet. Es gibt es Anfallskranke, die täglich krampfen und ein vollkommen unauffälliges EEG haben. Von meinem Neurologen weiß ich als Patient, dass möglichst eine ganze Serie an EEGs vorliegen sollten, um was Konkretes sagen zu können. Trotzdem gehört ein EGG zur Erstdiagnostik dazu.

Die Empfehlung der zweiten Ärztin finde ich gut, nur kann es ein zweites Mal passieren, dass das EEG auffällig ist und eine Epilepsie nicht vorliegt. Ich würde die Tochter sehr gut beobachten und in der Schule Bescheid geben, auch auf ihr Verhalten zu achten. Gut für den Neurologen wäre es, wenn Auffälligkeiten genauestens dokumentiert würden.

Sollte es diese Merkmale bei der Tochter weiterhin geben, empfehle ich einen Neurologen, der speziell für Epilepsien im Kindesalter zuständig ist. Ihn findet man in den „Epilepsie-Zentren“, aber auch in den neurologischen Stationen größerer Kliniken, sie nennen sich dann „Epilepsie-Ambulanzen“.

Zu Deiner Fragestellung. Es kommt höchst selten vor, dass eine Epilepsie auf Anhieb richtig diagnostiziert wird. Es ist ein Ausprobieren über längere Zeit. Angepeilt wird immer Anfallsfreiheit, ob mit oder ohne Medikamente.

Liebe Grüße
Anton

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Die Informationen ersetzen auf keinen Fall eine professionelle Beratung oder Behandlung durch ausgebildete und anerkannte Ärzte. Die Inhalte können und dürfen nicht verwendet werden, um eigenständig Diagnosen zu stellen oder Behandlungen anzufangen.