Wie „gefährlich“ ist diese Epilepsie?
Ich bin gesund geboren und erst mit 25 Jahren an Epilepsie erkrankt. Gut 30 Jahre später ist durch einen epilepsiechirurgischen Eingriff das anfallsauslösende Gewebe entfernt worden, so dass ich wieder ohne Anfälle sein konnte. Ich kenne also die Zeit vor und nach der Epilepsie und weiß daher sehr wohl, was Medikamente mit einem machen. Und ich habe Vergleichsmöglichkeiten, weil ich einige Antikonvulsiva testen musste. Da gibt es die älteren Medikamente, die fast alle Anfallsarten abdecken, wenn man Glück hat. Eine Garantie dafür gibt es nicht, genauso wie es nicht das Medikament für die und die Anfallsart oder den und den Patienten gibt. Die Erfahrung des behandelnden Neurologen, besser noch Neurologenteams, spielen eine große Rolle.
Und dann habe ich als Patient erfahren, dass es große Unterschiede gibt bei der Art der Behandlung folgender Epilepsien: Die „fokalen Epilepsien“ sind relativ schlecht medikamentös zu behandeln. Dafür sind sie aber ziemlich sicher und zum Teil auch erfolgreich operativ zu therapieren. Bei den "generalisierten Epilepsien" sieht es genau andersherum aus. Sie sind relativ gut medikamentös zu behandeln, eine operative Therapie scheidet in den meisten Fällen aus.
Zurück zu meiner Epilepsie. Ursächlich dafür war die im Kleinkindalter durchgeführte Pflicht-Pockenschutz-Impfung. Unmittelbar nach der Impfung war ich sehr krank, hatte über 40 Grad Fieber und wäre fast gestorben. Es kam zu einem Fieberkrampf und anschließender Hirnhautentzündung. Diese Hirnhautentzündung hat dem Gehirn Narben zugefügt, die sich erst im 25. Lebensjahr in Form von Hirnleistungsstörungen bemerkbar machten. Diagnose: Aufwach-Epilepsie, Komplex-Fokale Anfälle.
Die Ausfallerscheinungen traten relativ selten auf, so dass eine medikamentöse Therapie in den Anfangsjahren reichte. Mit der Zeit mussten immer wieder neue Medikamente ausprobiert werden, bis wir zum Schluss bei Valproinsäure landeten. Und das in einer Dosis, die mich voll funktionsfähig hielt, so dass es nach außen kaum auffiel. Nur dass mein Inneres schon lange kaputt war und der Prozess der Entmenschlichung längst begonnen hatte. Durch die hohe Dosis Valproinsäure über einen Zeitraum von 10 Jahren fehlt mir diese Zeit am Leben.
Es war eine Entwicklung, die von den meisten mich behandelnden Neurologen nicht verstanden wurde. Sie meinten es alle gut mit mir, schickten mich häufig zur Kur oder in Psychosomatische Kliniken. Ich war voll berufstätig, bin aber mehrmals im Jahr weggeflogen, um es überhaupt auszuhalten, niemand wusste eine Lösung. An eine Reparatur meines Körpers hat niemand gedacht. Ich war derart abgewirtschaftet durch die Erkrankung, dass ich erst 10 Jahre, nachdem ich den ersten Computer und Internet hatte, auf die Idee gekommen bin, dort nachzusehen, ob es Optionen gibt.
Die ersten OP-Möglichkeiten schieden aus, weil sie nur realisierbar gewesen wären durch ein invasives Intensiv-Monitoring. Das wären damals zwei Operationen gewesen, die Ausfallzeiten konnte ich meinem Beruf und meiner Familie gegenüber nicht verantworten. Erst als alles nicht mehr ging und ich dem Suizid nicht mehr fern war, habe ich mich entschieden als Ruheständler weiter zu leben und der Gesundheit mehr Gewicht beizumessen. Ein Epilepsie-Zentrum hat dann sehr schnell erkannt, dass es so nicht weitergehen kann und sich um meine Angelegenheit gekümmert. Nach einem präoperativen Monitoring ist einen Monat später der anfallsauslösende Herd entfernt worden und ich bin seit fast 20 Jahren unter Medikation frei von Anfällen.
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Die Informationen ersetzen auf keinen Fall eine professionelle Beratung oder Behandlung durch ausgebildete und anerkannte Ärzte. Bitte wenden Sie sich an ihren Neurologen!
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Jersey,
28.12.2024, 13:49
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- Wie „gefährlich“ ist diese Epilepsie? - Anici, 01.01.2025, 23:34
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Anton,
28.12.2024, 18:25