Angst um Partner

Sanktus Achzehn, Thursday, 22.02.2024, 16:05 (vor 66 Tagen) @ Mijoja

Hallo Mijoja,

ich las mir gerade eben mal alles durch, auch, was du sonst noch auf die bisherigen Antworten schriebst. Allem voran scheinen deine Ängste aktuell das Hauptproblem zu sein, und dafür brauchst eher du einen Therapeuten an deiner Seite, als dein Freund partout einen neuen Neurologen. Bist du denn aktuell in Behandlung, so dass du von der Seite her Unterstützung bekommen kannst? In dem Zusammenhang solltest du auch allen Leuten, die dich bzw. dein Verhalten schlecht machen, deutliche Grenzen setzen bzw. auf Distanz zu ihnen gehen. Solche Menschen benötigt eh schon niemand, und schon gar nicht, wenn man psychische Probleme hat.

Was die finanzielle Belastung anbelangt, so gibt es Beratungsstellen, die euch sicherlich den ein oder anderen Tipp geben können, wie ihr mit einer solchen Lage umgehen könnt. Insbesondere, damit ihr gar nicht erst abrutscht, sondern gerade jetzt die Zeit mit der Umschulung gut überbrücken könnt. Bei der Umschulung achtet darauf, dass er nichts macht, wo die Epilepsie am Ende ein Problem darstellen wird. Verantwortung für andere Menschen sind z. B. eher nicht drin (Pflegeberufe, Kindergärtner, Lehrer, so etwas in der Art), da wird man ihn am Ende eher nicht nehmen, auch, wenn dringend Leute gesucht werden. Auch nichts mit Maschinen, schon im eigenen Sinne. Alles mit Fahrzeugen geht natürlich auch nicht. Erkundigt euch mal, ob es in eurer Umgebung vielleicht auch eine Beratungsstelle für Epilepsie oder zumindest allgemein für Menschen mit Behinderungen gibt. Ich weiß z. B., dass es in Berlin eine Beratungsstelle gibt. (https://www.epilepsie-beratung-berlin.de/) Und die deutsche Epilepsievereinigung hat auch ein Beratungstelefon: https://www.epilepsie-vereinigung.de/ Die werden deinem Freund in Richtung Beruf / Umschulung und Epilepsie sicherlich auch Informationen geben können, worauf er achten sollte. Die Epilepsie wird deinen Freund jedenfalls nicht von allen Jobs abhalten. So blöd es klingen mag, aber: Er hat "nur" Zuckungen. Die sind nicht schön, die sind für Außenstehende oft auch verstörend, aber er wird dadurch nicht arbeitsunfähig.

Was Ärzte anbelangt, so gibt es leider sehr viele, die nicht zuhören können. In der Hinsicht muss ein Epileptologe nicht besser sein als ein "normaler" Neurologe. Er sollte einzig tiefergehender Ahnung von Epilepsie haben, sonst dürfte er sich nicht so nennen. (Vielleicht noch als Info, falls du es nicht weißt: Ein Epileptologe ist ein Neurologe, der sich auf Epilepsie spezialisierte.) Bei allgemeinen Neurologen ist Epilepsie nicht unbedingt der Schwerpunkt, so dass der aufgesuchte eventuell fachlich nicht viel helfen kann. Ein guter Arzt wird seine Grenzen aber immer auch zugeben können und in solch einem Fall an eine Fachambulanz überweisen. Die gibt es u. A. in Kork-Kehl, Bonn, Bielefeld (Bethel) und Berlin (Herzberge). Die Frage ist aber ja auch, was bei deinem Freund bereits alles gemacht wurde, wie er medikamentös eingestellt ist usw. Da hilft z. B. auch nicht pauschal ein Monitoring, das schlussendlich zur Abklärung gemacht wird, ob eine OP möglich wäre oder nicht. Etwas, das ein Arzt eher ablehnen dürfte, wenn dein Freund mit seinen Medikamenten bereits bestmöglich eingestellt ist. Wobei da noch Puffer sein könnte, denn dein Freund hatte ja scheinbar auch einen "großen" Anfall. Insofern würde ich sagen, er soll seine Neurologin mal mit Fragen löchern, wie das denn nun alles einzuordnen ist mit seinen Anfällen. Dazu schadet eine Zweitmeinung aus einer Epilepsieambulanz definitiv nicht. (Wofür man in der Regel eine Überweisung vom Neurologen benötigt. Ein Punkt übrigens, an dem man meist gut erkennen kann, wie der Neurologe so drauf ist: Ein guter wird nichts dagegen haben, sondern es im Gegenteil eher noch befürworten.) Einen Termin wird dein Freund in der Fachambulanz nicht gleich übermorgen erhalten, insofern kann er ihn ruhig schon mal vereinbaren.

Wenn ich dich richtig verstand, sind die Zuckungen doch aber eigentlich recht gut eingrenzbar. In der Regel morgens und wenn der Körper oder der Geist gestresst wurde. Damit könnt ihr doch arbeiten. Schaut allem voran, dass ihr bestmöglich Entspannung in euer Leben bekommt. Das ist nicht immer einfach, ich weiß, aber der Körper und die Anfälle lassen da leider nicht mit sich diskutieren. ;-)

Falls dein Freund aktuell übrigens kein Anfallstagebuch führt, sollte er damit beginnen. Wenn Ärzte die ganzen Striche sehen, sind sie nämlich meist deutlich überzeugter, dass sie etwas tun müssen, als wenn das Gespräch auf ein "naja, alles wie immer" herausläuft.

Gruß,
Sanktus Achtzehn


gesamter Thread: